Die Theorie

Die Ergotherapie baut ihre Theorie auf zwei großen Standbeinen auf, dies wird auch als "two body practice" bezeichnet.
Auf der einen Seite steht das berufseigene Wissen über Handeln und menschliche Betätigung und die ergotherapeutische Wissenschaft "Occupational Science". Auf der anderen Seite findet sich Theorie aus anderen Bezugswissenschaften, mit welcher die Ergotherapie arbeitet. So werden Inhalte aus den Sozialwissenschaften wie Psychologie, Pädagogik, Soziologie oder Philosophie und der Medizin, z.B. im Rahmen der Physiologie oder Anatomie und Krankheitslehre mit einbezogen (1). 

Nachfolgend wird das Standbein der berufseigenen ergotherapeutischen Theorie näher erklärt.

Die Ergotherapie beschäftigt sich mit dem Handeln des Menschen. Sie geht davon aus, dass tätig sein oder Handeln ein menschliches Grundbedürfnis ist und die Gesundheit des Menschen unterstützt. Interessen, Werte, Rollen oder Umgebungsfaktoren beeinflussen dieses Handeln. 

Ergotherapeutische Modelle übermitteln dieses Gedankengut und sind Grundlage der ergotherapeutischen Arbeit. Solche Modelle sind beispielsweise das "Modell of Human Occupation" (MOHO) oder das "Canadian Modell of Occupation, Performance and Engagement "(CMOP-E). (2)

Am Beispiel des Modells CMOP-E werden diese Grundlagen kurz verdeutlicht.
Das Modell wurde Ende der 80er Jahre in Kanada vom dortigen Berufsverband und dem Ministerium für Gesundheit und Soziales erarbeitet. 2007 fand eine Überarbeitung und Erweiterung des Modells statt.

Das Modell besteht aus verschiedenen Elementen, die die Grundgedanken des Berufes wiederspiegeln.

Die Betätigung (im Modell lila dargestellt) steht für das, was jeder Mensch in seinem Alltag macht. Dies können Tätigkeiten sein, die eine Person selbst betreffen, wie Hygiene, Haushalt oder Aufgaben, die den Bereichen Arbeitsleben, Gemeinschaft und Freizeit zugeordnet werden können. Jeder Mensch ist einzigartig, führt demnach Handlungen individuell aus und gewichtet Aufgaben im Alltag unterschiedlich.
Durch Krankheit oder Behinderung kann Betätigung eingeschränkt sein, so dass Aufgaben und Rollen im Alltag nur noch eingeschränkt ausgeführt werden können. Ein Leidensdruck entsteht oder die Lebensqualität und Teilhabe im Alltag sind eingeschränkt.

Jede Person (im Modell gelb dargestellt) bringt unterschiedliche Fertigkeiten und Einstellungen mit. Diese unterteilt das Modell in kognitive, affektive und physische Fähigkeiten und Fertigkeiten. Durch Krankheit und deren Folgen können einzelne dieser, z.B. Konzentration oder Muskelkraft beeinträchtigt sein.
Einstellungen, Werte, Normen und das Wesen einer Person werden in der Modellmitte mit dem Begriff Spiritualität eingefasst. Diese Individualität bestimmt sehr, welche Handlungen ein Mensch ausführt, was ihm wichtig oder weniger wichtig ist. Dies spielt in der ergotherapeutischen Behandlung eine große Rolle. Patienten werden in den Behandlungsprozess mit einbezogen und erarbeiten gemeinsam mit dem Therapeuten welche Handlungen beübt werden, so dass die Therapie für den Patienten sinnvoll und für seinen individuellen Alltag nützlich ist. Dies wird mit dem Begriff Klientenzentrierung beschrieben.

 

Das Handeln eines Menschen findet immer im Zusammenspiel mit der Umgebung und der Umwelt statt (im Modell grün dargestellt). Physische, institutionelle, kulturelle oder soziale Umgebungsfaktoren strukturieren, hemmen oder unterstützen eine Tätigkeit. 
So kann beispielsweise eine Treppe ein Hindernis für einen gelähmten Menschen darstellen und ein freies Bewegen und Handeln in seinem Haus unmöglich machen.

Aus diesen Bereichen ergeben sich drei Hauptansatzpunkte in der ergotherapeutischen Behandlung:
1. Die Aufgabe und Betätigung selbst: Die Ausführung der Handlung wird trainiert oder angepasst und einfacher gestaltet.
2. Die Person: Einzelne Fähigkeiten, die durch die Erkrankung eingeschränkt oder verlorengegangen sind werden trainiert.
3. Die Umwelt: Sie wird angepasst, beispielsweise im Rahmen von Hilfsmitteln oder Wohnraumgestaltung, Angehörige oder Arbeitgeber beraten.

Das Ziel der Ergotherapie ist es, Betätigung und gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen. Jeder Mensch soll das Recht haben, die für ihn wichtige und sinnvolle Betätigung auszuführen. (2)

Literaturverzeichnis:
(1) Scheepers, C., Steding-Albrecht, U., Jehn, P. (Hrsg.) (2007). Vom Behandeln zum Handeln. 3. Auflage. Stuttgart: Thieme. 
(2) Habermann, C. & Kolster, F. (Hrsg.) (2009). Ergotherapie im Arbeitsfeld Neurologie. 2. Auflage. Stuttgart: Thieme.

Abbildungsverzeichnis:
Abb. 1: Townsend, E.A. & Polatajko, H. (2007). Enabling Occupation II: Advancing an Occupational Therapy. Vision for Health, Well-Beeing, & Justice through Occupation. Ottawa, Ontario: CAOT Publications ACE.

© Urheberrecht. Alle Rechte vorbehalten.

Wir benötigen Ihre Zustimmung zum Laden der Übersetzungen

Wir nutzen einen Drittanbieter-Service, um den Inhalt der Website zu übersetzen, der möglicherweise Daten über Ihre Aktivitäten sammelt. Bitte überprüfen Sie die Details in der Datenschutzerklärung und akzeptieren Sie den Dienst, um die Übersetzungen zu sehen.